Und, wie wars?

Holla die Waldfee!

Ich kann es kaum glauben, aber Wir haben es tatsächlich geschafft.

Vor einem knappen Jahr begann meine Reise nach Israel mit den Vorbereitungen, den Sorgen, den Erwartungen. Einem ständigen Staunen, Zweifeln, und Warten. Warten darauf, dass endlich mein neues Leben in Tel Aviv beginnt. Und jetzt scheint mir das Alles wie eine bunte, schillernde Seifenblase, welche vor meiner Nase langsam, wabernd davon schwebt, als wäre ich nur eine flüchtige Bekanntschaft, der sie nur ein kurzes, keckes Nicken schenkt, bevor sie ihrer Wege in den Luftraum entschwebt. Doch obwohl das Alles sich manchmal so anfühlt, als wäre es jemand anderem passiert, der sich sehr glücklich schätzen kann, hat diese Seifenblase mich doch verändert, denn auch ich schillere jetzt farbenfroh, voller Erinnerungen und Dankbarkeit.

Wie kann ich am besten beschreiben, wie es sich anfühlt meine israelische Realität mit meinen Freunden, meiner neuen Familie zu verlassen und wieder in meine alte Realität, meine Rolle als Tochter, Schwester und alte Freundin  hinein zu geraten. Ich würde sogar so weit gehen zu behaupten, dass sich diese wie eine vergangene Zeit anfühlt – unwiederbringlich ist sie ausgelaufen. Meine Zeit in Israel war nicht lang genug, dass ich mich hier nun vollkommen fremd fühlen würde, aber auch nicht so kurz, dass es mir ohne Schwierigkeiten gelingt, mich in die Vergangenheit wieder einzugliedern. Ich bin irgendwie dazwischen. 

Wie sollte ich die Fülle meiner Zeit in Israel in die kurze Antwort auf ein banales „Und, wie wars?“ verpacken? Es war großartig. Es war beängstigend. Es war unwirklich und zugleich so real. Es war frustrierend und anstrengend. Es war zauberhaft. Und ich würde es immer wieder tun. Aber eigentlich würde nicht einmal eine Begebenheit  in diese Frage hinein passen, welche ungefähr so viel Raum gibt wie eine Streichholzschachtel. Fotos zeigen nur einen kleinen Ausschnitt aber nicht annähernd genug, Erzählungen fließen einfach so vorüber, werde selten so aufgesogen wie ein Schwamm. Vielleicht bin ich das beste Foto, die ausladenste Anekdote,  denn ich bin verändert.

Vielleicht denken manche von Euch sich jetzt, dass das ganze ja reichlich dramatisch klingt, und das stimmt vielleicht auch, aber das ist dann wohl meine Portion Weltschmerz. Ungleich verteilt auf alle Geschöpfe, lebe ich nun wohl ein klitze Bisschen meines Brockens davon aus.

Egal wie nah ich hier Menschen bin, verstehen sie doch nicht das, was ich erlebt habe, sehen nicht die Bilder vor ihrem inneren Auge, hören nicht die vielen Geräuschen, erahnen nicht die Gerüche und erinnern sich nicht der selben Situationen, welche mich nun für immer begleiten. Manchmal hinterlässt diese Gewissheit ein Gefühl der Einsamkeit, des allein seins. Viele von Euch können dieses Gefühl bestimmt nachvollziehen. Ihr habt etwas erlebt, das, von Eurer Realität isoliert existiert, in Euren Köpfen umher schwirrt und sich doch, trotzt seiner Präsens nur in Euren Gedanken wiederspiegelt. Aber das ist auch das schöne daran. 

Soweit es geht, habe ich meine Erlebnisse mit Euch geteilt, so genau wie möglich beschrieben und ein Bild geformt, welches wie die verschwommene schwarz-weiß-Aufnahme eines prächtigen Momentes versucht alles darzustellen. Doch die Wahrheit gehört nur mir. Mir ganz allein.

Versteht mich nicht falsch, ich teile gern, nur ist es auch ein schönes Gefühl zu wissen, dass ich die vergangenen Monate für mich erlebt habe. Alles woran ich mich erinnern will bleibt, alles was ich vergessen will verblasst nach und nach. Und übrig bleibt meine Wirklichkeit. Mein Freiwilligendienst in Israel.

Ich möchte Euch allen von Herzen danken. Danken dafür, dass Ihr mich auf meinem Weg begleitet habt, mir Mut gemacht habt, Fragen gestellt, und mir Vertrauen geschenkt habt. Ich durfte so vieles lernen, von einem anderen Blickwinkel betrachten und großartiges Erleben. Danke, dass ich Eure Vorstellungen von Israel, von Freiwilligenarbeit und von meinen Erlebnissen in Euren Köpfen formen durfte. Ein kleines Puzzleteil des Wirrwars, was sich Welt nennt, konnten wir nun gemeinsam an seinen Platz legen, wissen mehr darüber und formen unser Bild. Und trotzdem möchte ich Euch einladen in einigen Wochen, Monaten oder Jahren noch ein Mal zu schauen, ob dieses kleine Puzzleteil wirklich an diesen Platz gehört, oder ob wir dann versuchen müssen, es wo anders anzusetzen.

תודה רבה, Vielen Dank, und

shabbat shalom

Eure Anni

 

bye bye – ein kleiner Liebesbrief

Ich weiß, dass schon der Anfang dieses Posts ziemlich „kitschi, kitschi“ ist, wie mein Freund Yuval jetzt sagen würde. Aber ich glaube, in jedem noch so kitschigen Spruch steckt ein Fünkchen Wahrheit. Also präsentiere ich euch jetzt den Funken, der übergesprungen ist.

In den letzten acht Monaten war ich mit dir, dem (meiner Meinung nach) schönsten Wohnort der Welt gesegnet. In einem wundervollen Kuddelmuddel aus alt und neu, bröckelnden Fassaden und Hochglanz-Bauten, erstreckst du dich, Tel Aviv-Yaffa. Die moderne, junge Großstadt Tel Aviv, entstanden aus dem nun historischen Vorort Yaffa (Yafo), welche, so sensibel das auch klingen mag, der beste Ort für alles ist.

Bei dir kann man Alles tun, jedermann sein, immer Neues sehen oder sich in vertraute Gebiete zurück ziehen. Surfer mit bunten Boards laufen den Weg hinunter zum Meer, die Schickeria geht shoppen zwischen urigen Cafes und hippen Bars mit live Musik, vorbei gehende Wesen luken auf der Straße in die Kisten voller Obst und Gemüse des kleinen Ladens vom Vortrag, die niemand wegschmeißen will. Ganz zu schweigen von deiner florierenden Essens-Kulur und den obligatorischen Palmen über allem.

Aus vielerlei Gründen bis du für mich so unglaublich beeindruckend. Auf dem „Yerushalaim Boulevard“ entlang radelnd, bei Tag eine bunte Handelsmeile mit geschäftigem Verkehr, lautem Hupen und den verschiedensten Düften, bei Nacht ein bisschen wie eine überdachte Mondlandschaft mit bunten Lichtern unter tief hängenden Baumriesen einer Allee, scheinst du für mich immer ein wenig wie das Italien der 60er oder 70er Jahre (ist zum mindest so ein Bauchgefühl), auch wenn ich natürlich leider keinerlei Vergleiche ziehen kann, bin ja erst Baujahr 98…

Yaffa, du bist wie die Perle Israels, in welcher Menschen der verschiedensten Herkünfte, Glaubensrichtungen und Überzeugungen gemeinsam leben und arbeiten. Allein auf dem Weg zu meinem Lieblings-Cafe fahre ich an einer, mit bunten Mosaiken besetzten Moschee, mehreren, schlichten Synagogen und zwei wunderschönen Kirchen vorbei. Die Rufe des Aman, zum Gebet, das Lied „Shalom aleichem“ zum Shabbat und der Klang der Kirchenglocken scheinen manchmal gemeinsam zu singen und zu feiern, dass wir alle so unterschiedlich sind, und doch gemeinsam Menschheit.

Das Leben ist einfacher, der Tag entschleunigt und die Blicke offen und herzlich. Tel Aviv-Yaffa, ich liebe dich. Und ich werde dich wieder besuchen. Vergiss mich bitte nicht. Mir bleibst du immer im Herzen!

 

 

 

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Moschee in Yaffa

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Bar-Kulur in Yaffa
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Old-Yaffa
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St. Peters Church in Yaffa
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Schläfchen am Yafo-Fleamarket
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öffentliches Schachspiel
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Straßenkunst in Tel Aviv
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Coastline Tel Aviv- Yaffa