Es ist Februar. Und ja – auch in Israel ist ein Februar eben genau februarmäßig grau und eher windig-kalt als sonnig-warm. Das fantastische an diesem Land ist aber, dass es im Norden durchaus zu Schneefällen bei Minus-Graden kommen kann, während im Süden echtes Sommerurlaubs-Feeling aufkommt. Da Israel zwar flächenmäßig nicht größer als Hessen, jedoch recht lang gezogen ist, braucht man mit dem Fernbus schon mal locker fünf Stunden von Tel Aviv bis nach Eilat – der südlichsten Stadt Israels, direkt am Roten Meer.
Mit zwei Äpfeln, Pitabroten und Hummus im Gepäck haben wir uns also Donnerstag Abend auf die Suche nach unseren Sommersprossen begeben, nicht lange überlegt, sondern sind einfach losgefahren. Bei meiner Vorfreude, drei dieser fünf Stunden durch die Wüste zu fahren und die ungewohnte Landschaft zu betrachten, habe ich allerdings komplett ausgeblendet, dass es Abends ab 18 Uhr stockdunkel ist. Das einzige, was ich von der Wüste zu sehen bekommen habe, waren Raststätten, welche wie unförmige Hüpfburgen mit Neonlichtern aus dem Boden ragten und Mitten im Nirgendwo reichlich seltsam wirkten. So eine Landschaft, mit unendlichen Weiten, fantastischen Felsgebilden und unwirklicher Vegetation aufgrund etwas so simplem wie der falschen Tageszeit nicht sehen zu können, fühlt sich ein wenig so an, als wenn man beim Betrachten eines Regenbogens eine Schlafmaske trägt – schlicht und einfach unnötig.
Einen improvisierten Mitternachtssnack, 120 Shekel und einen Gemeindschaftsschlafraum mit einem Schnarcher, der die Wände zum wackeln und uns nur geringfügig zum schlafen brachte später, stiefelten wir um zehn Uhr morgens aus dem Hostel in Eilat heraus, verputzten unsere letzten Vorräte und suchten einen Weg zum Strand. Gern würde ich euch jetzt von unserem äußerst ereignisreichen Tag erzählen, aber eigentlich haben wir nur in der Sonne gelegen (ich mit LSF 50, dank Hauttyp 1), erzählt, Musik gehört und Abends, in dem plötzlichen Bewusstsein, dass ja Shabbat angefangen hat und wir nicht mehr als eine Hand voll Haselnüsse im Gepäck haben, ins nächste Fastfood-Restaurant gelaufen, um uns den Magen mit zu fettiger Pizza zu verdrehen. In der Erkenntnis, dass Dreistigkeit manchmal einfach siegt, konnten wir uns im Laufe des Abends mehrere Freigetränke und eine Fahrt in einem Freefalltower erlächeln, bis wir später in der Hippie-Bude unserer Übernachtungsgelegenheit via Couchsurfing-App relativ schnell weggepennt sind – Sonne macht bekanntlich müde.
All das wunderbare, was wir am Abend nicht mehr aufnehmen konnten erwartete uns am Morgen. Mama, dein Herz wäre aufgegangen, wenn du diesen Garten hättest sehen können! Liebevoll heran gezogene Paprika-, und Tomatenpflänzchen neben Basilikum und Lavendel. Verschiedene, leuchtend blühende Kletterpflanzen, die von einigen pummeligen Hummeln beäugt wurden, räkelten sich ihren Weg zur Sitzecke mit indischen Kissen und bunt bemalten Fließen. Generell war das Haus unseres lieben Gastgebers einfach fantastisch! Von seiner Sammlung bunter Glasflaschen auf dem Küchenregal über wunderschöne, vielfältige Bilder und Malereien an den Wänden und einem Fischernetz mit bunten Perlen, Kristallen und Strandgut, welches über den ganzen Garten gespannt war, trug jedes verschrobene und liebevolle Detail zu einer wirklich einladenden Athmosphäre bei. Es ist mir sicher zu sagen, dass dieses Haus mein absolutes Traumdomiziel währe und ich einige Inspirationen für meine spätere bleibe erhalten habe!
Wie es der Zufall so wollte, war unser Host ein Wassertherapeut, was für mich ab jetzt den beste Job aller Zeiten darstellt. Im Delfin Riff von Eilat zu arbeiten, ermöglicht einem natürlich auch neue Freunde dort hin einzuladen, was er dann auch prompt getan hat. Und ich kann euch mit Sicherheit sagen, dass das der schönste Ort ist, den ich jemals besuchen durfte! Stellt euch ein großes, schwimmendes, durch Wasserbrücken verbundenes Baumhaus mit mehrerern verwinkelten Etagen vor, welches von oben bis unten mit blühenden Kletterpflanzen berankt ist. Wie kleine Kokons oder phänomenale, kleine Räuberhöhlen fanden sich überall Sitzgelegenheiten mit vielen Kissen und sehr bequemen Couches, von denen aus ein atemberaubender Blick auf das Rote Meer, mit den Bergen im Hintergrund frei wird. Und jetzt kommt das coolste! Da es ein Delfin Riff ist, gibt es selbstverständlich Delfine, welche nur wenige Zentimeter an meinen baumelnden Beinen im Wasser vorbei geschwommen sind und mich mit lustigen Kunststückchen und einfach einer niedlichen Koketterie zum lachen gebracht haben. Ich, die bis jetzt ihren Sommer-Familienurlaub verwandschaftsbedingt eher auf in Dänemark oder auf Mallorca als in Ägypten verbracht habt, bin im nachhinein immer noch unglaublich begeistert von dieser Möglichkeit, einfach einen ganzen Tag an einem Ort verbracht zu haben, der so unfreiwillig charmant und reizvoll ist und diesen mit alten und neuen Freunden genossen zu haben.
Solltet ihr den Plan hegen nach Israel zu reisen, kann ich euch diese Erfahrung wirklich nur ans Herz legen – auch wenn ihr vermutlich dafür bezahlen müsstet, und ich eben nicht :p
Als Freiwillige lernt man zu leben.