Die Sache mit der Zukunft

Ach ja, da war ja was… meine Zeit hier endet irgendwann. Genauer gesagt wartet dieses „Irgendwann“ mit einem hinterhältigen Grinsen hinter der nächsten Ecke auf mich, in dem Wissen, dass wir uns schneller sehen als mir lieb ist. Und dann hilft alles Aufschieben, Verschieben und Ignorieren nichts mehr und es heißt „Lehitra`ot“, „bye bye“. Doch noch habe ich drei Wochen um zu Verdrängen – denn die Gedanken sind frei (noch).

Vor einigen Wochen habe ich schon mal ein bisschen Zukunfts-Luft geschnuppert und mich tatsächlich mit dem großen „Danach“ beschäftigt (wenn auch erzwungen durch so hübsche Sachen wie Termine und Bewerbungsfristen). Studieren nennt sich das ganze, was jetzt auf mich wartet. Zwei volle Tage habe ich damit verbracht 14! Online-Bewerbungen abzuschicken, peinlich genau alle Zugangsdaten in eine akkurate Tabelle einzutragen und instruktionelle Emails zwecks postalischer Versendung eventueller Unterlagen ins elterliche Postfach zu übergeben. 14 Mal eingeben meiner persönlichen Daten, 14 Mal eigentlich keine Lust drauf haben und 14 Mal drüber aufregen, dass vielerorts für ein Studium der Sozialen Arbeit ein Abiturschnitt von 1,2 und besser verlangt wird. Man sollte ja meinen, dass soziale Kompetenz, Aufgeschlossenheit und Engagement wichtiger sind als Dreisatz oder schiefe Ebenen aber eventuell bin ich da auch einfach old-school.

Bisher finden vier von ihnen, dass ich anscheinend doch ne ganz Nette bin und laden mich ein, die nächsten drei Jahre unter ihrem Dach alles Mögliche zu lernen. Und schon wieder Entscheidungen. Sie wollen schnell aber weise gefällt werden und dass, obwohl meine aktuelle Aufmerksamkeit immer noch den besten, süßesten und fabelhaftesten Kindern der Welt gelten soll, was ich um ehrlich zu sein auch präferiere.

Rückkehr-Seminare sind in Planung, Besuche etlicher Freunde und Verwandten nach so viel „long time no see“ stehen auch an und das Erwachsen sein eigentlich auch.

Meine unmittelbare Zukunft jedoch, um genau zu sein die nächsten drei Stunden, (vermutlich mehr, denn zwischendurch entgleite ich nur zu gern in die unendlichen Weiten des Internets oder in unglaublich wichtige! Streitgespräche darüber, wessen Kinder hammermäßiger sind – meine, dah!) werde ich damit verbringen, einen politisch und ethisch korrekten Abschlussbericht für meine Entsendeorganisation zu schreiben. Je nachdem, wie mir der gelingt, bekommt ihr den vielleicht auch zu lesen.

Und in dieser Zukunft sollte sie probieren – das Reflektieren.

Tschau, Tschüss, bis denne – Shabat shalom!

Such dir nen Job, du Hippie!

Auch wenn Soziale Arbeit als Studium immer noch auf meinem Plan steht, denke ich seit geraumer Zeit darüber nach etwas vollkommen Neues zu entdecken, zu erlernen und mein Leben damit zu verbringen genau das zu tun, was ich liebe. Hört sich jetzt dramatisch hoch zehn an, aber ich finde die Tatsache an sich reichlich phänomenal. Viele Menschen haben das scheinbar Unmögliche bereits geschafft, warum also nicht auch die Anni aus Neubrandenburg?

„Ein Hod“ ist ein Künstlerdorf im Norden Tel Avivs, in welchem sich Leidenschaft und Beruf talentierter Menschen miteinander vereinen. Maler_innen, Bildhauer_innen, Keramik-Künstler_innen und noch viele mehr leben dort zusammen und sind durch ihr Hobby in der Lage eine nicht ganz unerhebliche Miete zu zahlen, ein Leben im nahezu teuersten Land der Welt zu leben. Dieser Aspekt kam mir doch erstaunlich interessant vor, sodass ich mich kürzlich mal auf die Suche nach diesem Dorf begeben habe. (Wozu hat der liebe Gott schließlich Urlaubstage erschaffen?)

Die Zugfahrt am Meer entlang Richtung nördlich gelegenes Haifa war wie immer schöner als jede durch einen mecklenburgischen Wald es jemals sein könnte (sorry, MV). Dank der Erfahrung mit den obligatorischen 15 Grad durch die Klimaanlage verbrachten meine Freundin Lara und ich sie jedoch bei strahlendstem Sonnenschein in einen Decken-großen Schal gemummelt. Kaum draußen schlug uns die Hitze mal wieder wie eine dreckige, reichlich ungewaschene Faust entgegen, aber man gewöhnt sich ja an so Manches. Nachdem ich schon fast der Überzeugung war, Israels Busfahrer währen nahezu allmächtig und allwissend, kannte dieser Kollege nicht mal seinen Fahrplan, weswegen er uns auf meine Frage hin an einer völlig falschen Stelle mitten in der Pampa aus dem, ebenfalls eisigen Bus entließ. Wenn in diesem Fall nicht unser guter Freund „Google Maps“ seine Hilfe angeboten hätte, wären wir in der Hitze vermutlich dahin gesiecht. Aber nach Daumen raus in die richtige Richtung, und nicht mal dreißig Sekunden Wartezeit (an dieser Stelle ein “ le chaim“ (israelischer Tost „aufs Leben“) auf die israelische Gastfreundschaft und Spontanität) ging es erst in einem flotten Mazda, dann im Auto eines fröhlichen Festival-Gängers und zum Schluss mit einem reichlich stillen Rabbi vorbei an Bananen-Plantagen und Gestrüpp zum Künstlerdorf. (Letzten Endes hatte Google uns wohl doch nicht so gern – wir wurden zwei Mal in die falsche Richtung gelotst. Eventuell war ich auch einfach nur zu untalentiert um das Handy richtig zu halten, aber da bleibt ja bekanntlich viel Spielraum für Interpretation. Währe „Google Maps“ ein menschliches Wesen hätte er/sie/es sich angesichts meiner Bemühungen vermutlich gepflegt mit der flachen Hand an die Stirn gehämmert.) But Anyways.

Angekommen, wurde uns schnell mitgeteilt, dass trotz der Dornrösschen-Schlaf-Atmosphäre einige Workshops vorhanden, und das Keramik-Atelier von „Naomi“ ganz in der Nähe war. Durch die Tatsache, dass der größte Teil meines kleinen „Freiwilligengehaltes“ in den letzten Monaten eh für schöne Schalen, Tassen und Skulpturen drauf gegangen ist und ich die meiste Zeit statt bei „Forever21“ und Co. lieber im Keramik-Laden „ArtiShook“ herum lungere, war die Nachmittagsplanung geritzt. Eigentlich schon den Feierabend eingeläutet empfing uns Naomi trotzdem freundlich und verbrachte mit energischem Schöpfergeist die nächsten zwei Stunden damit, unsere inneren Künstlerinnen herauszukitzeln. Und für den ersten Versuch haben wir es gar nicht mal so sehr verhauen, wie ich finde. Bin sogar ein wenig stolz. Eventuell wird mein Werk in Zukunft die geupdatete Version von „basteln für Mamis Weihnachtsgeschenk“. Vermutlich ist mein letztes Mal von „Schau mal, ich hab dir was gebastelt!“ auch schon viel zu lange her.

voll „local“

Nach meinem Erlebnis in Naomis Keramik-Atelier glimmte in mir der Gedanke auf, wirklich zu lernen, wie Gegenstände aus Keramik hergestellt werden und nicht nur an der Oberfläche zu kratzen. Wer hätte gedacht, dass töpfern so ein fantastischer Spaß ist und noch dazu so entspannend! Entsprechend meines Selbstexperiments einfach neue Sachen anzugehen und so viel wie möglich zu lernen, habe ich mich also aufgerafft. Neben meinem Stamm-Bio-Laden in Jaffa befindet sich ein klitze kleines, gemütliches Loft, in welches ich schon des öfteren reingelinst habe. Wie sich heraus stellt ebenfalls eine Keramik-Gallerie, in welcher ich nicht nur meinen Erst-Versuch (siehe Foto) brennen lassen , sondern auch jeden einzelnen Schritt der Herstellung von Ton-Gut, unter der Anleitung der Künstlerin Laurens, erproben kann.

Wie ging das so fix? -Network, meine Lieben. Und zwar das im echten Leben. Gewusst wo, hin gegangen, „Shalom“ gesagt (höflich muss ja), und nachgefragt ob  – und wenn ja, wie. Das Ergebnis des Ganzen ist nun, dass ich für meinen letzten Monat einige Zeit im Atelier verbringen, und viel ausprobieren werde. Mein größtes Problem wird es denke ich sein, mich zwischen all den Möglichkeiten zu entscheiden, denn die Zeit reicht leider nur noch um einen Versuch fertigzustellen. Ansonsten trennt mich und meine Zukünftige Schale,Tasse oder Vase bald ein Ozean.

Mitten drin im Herstellungsprozess frage ich mich nun, warum ich auf so etwas nicht schon viel früher gekommen bin, aber das liegt ja scheinbar in der menschlichen Natur. Daher „no regrets“, sondern die Zeit nutzen, die mir noch zur Verfügung steht. Die Schöpferische Phase ist nun eingeläutet und losgelegt. Aus geplanten zwei Stunden und einer Schale wurden nun gute drei-einhalb (verschuldet durch ein Kaffee-Kränzchen mit Laurens und ihrem Mann Amir), und drei mehr oder weniger fast ebenmäßige Keramik-Stücke. Nun ist es an mir sie zu verziehen, glasieren und später damit zu dinnieren. (Was ein Reim – mein ehemaliger Deutschlehrer wäre unheimlich stolz – wenn auch nicht auf meine Rechtschreibung – sorry.) Mit reichlich Muskelkater in den Armen und Ton-Resten an Haar und Schuhen gings danach beschwingten Schrittes nach Hause. to be continued…

 

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guckt mal, was wir gemacht haben
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Raus aus Tel Aviv und so viel GRÜN!
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ich erschaffe (leicht krumm)
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Naomis (unsere Ceramic-Lehrerin) Atelier
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„Ein Hod“ – Künstlerdorf

 

Da Laurens und Amir meiner Meinung nach herausragende, kreative und herzensgute Menschen sind, hier einmal ihre Website. Schaut euch gern um und entdeckt 🙂

https://www.amirrom.com/

Bombenalarm

Gestern sind mehr als 100 explosive Geschosse aus Gaza auf israelisches Land abgefeuert worden.

Das sitzt.

Netanjahu entschließt sich für ein offensives Gegenmanöver mit mindestens ebenso vielen Geschossen.

Das hier wird jetzt kein privater Nachrichtensender mit (mehr oder weniger) professionellen Updates über die Lage im Nahost-Konflikt, jedoch sehe ich irgendwie mit dem Thema konfrontiert und wollte Euch die Wahrheit nicht vorenthalten. Klingt dramatisch, ich weiß.

Ich kann Euch gar nicht sagen, wie unglaublich ich das alles finde – wie wütend und fassungslos ich bin. Und wie machtlos ich mich fühle. Kurz um – es war die schlimmste Luftwaffen-Attacke seit dem Gaza-Krieg 2014. Und das wenige hundert Kilometer von meinem Zuhause in Tel Aviv entfernt. Das Handy schreit den ganzen Tag „RED ALLERT!“ „RED ALLERT!“ „RED ALLERT!“. „Bringt euch in Sicherheit!“

Hier herrscht Ruhe. Israel befindet sich nahezu im Krieg und trotzdem ist in Tel Aviv nicht das leiseste Bisschen Anspannung zu spüren. Ich bin in Sicherheit, und das finde ich ganz schön erschreckend. Eine Stunde weiter südlich, in „Ashkalon“ der Heimatstadt meines Freundes Yuval, müssen Menschen tatsächlich um ihre Gesundheit fürchten, während Tel Aviv und die Menschen in dieser Stadt einfach weiter dahin wabern – mich eingeschlossen. Ich habe nicht gemerkt, wie sehr mich diese Tatsache belastet, bis ich die Nachricht erhalten habe, dass es meinen Freunden gut geht.

160! Bombenalarme in den letzten 24 Stunden. Hört einfach auf damit. 

Ich kann und will nicht mehr dazu schreiben, sondern werde hoffen und beten, dass dieser unmenschliche Wahnsinn bald ein Ende hat.

http://www.spiegel.de/politik/ausland/gazastreifen-groesste-israelische-offensive-seit-2014-a-1218492.html

 

mit Saus und Braus und Wadenwickeln

Man soll aufhören wenn`s am schönsten ist. Wer hat sich denn den Spruch ausgedacht?

Viele von Euch sind jetzt vermutlich überrascht wenn ich hier mitteile, dass ich schon am 09.08. wieder Richtung Deutschland abdüse. Noch ein voller Monat. Vor einer Weile noch hielt ich das Ganze für eine gute Idee und voll erwachsen, denn Studium und Wohnungssuche warten nur darauf bedacht zu werden.  – Glaubt mir wenn ich sage, dass das momentan eher das letzte ist, was ich will. Aber da das Leben kein Ponyhof, und das Flugtickt schon gekauft ist, habe ich mich dazu entschlossen meine vorerst letzte Zeit hier in Israel in vollen Zügen zu genießen.

Mit Besuch aus Deutschland, vielen Geburtstagsfeiern, Cafe-Nachmittagen, Kindergarten-Feten und Herum-Tingeln in einem so fantastischen Land wie Israel, lebt es sich hier so unglaublich schön wie sonst vielleicht Nirgendwo. Aber ein Freiwilligendienst im Kindergarten wäre ja nicht er selbst, wenn die wunderbaren Pläne nicht durch Rotznase, Gliederschmerzen und Fieber vereitelt werden würden. An dieser Stelle dürft ihr gern einmal mit mir mit jammern, denn Heute, Morgen und Dienstag (jom rishon, jom shini ve jom shleshi) sind theoretisch drei meiner letzten Urlaubstage, welche ich nun nicht mit meinen Freunden am Toten Meer oder am See Genezarth verbringe, sondern unendlich viel Zeit habe, mein Bett im Schweiße meiner glühenden Stirn noch etwas persönlicher kennenzulernen. Ich muss zugeben, ich hätte mir nen besseren Anfang dieses Monates vorstellen können.

Lasst uns zusammen hoffen, dass ich bald wieder mehr zu erleben und zu schreiben habe als die schönen letzten Monate und die ätzende Gegenwart. Und jetzt entschuldigt mich bitte, ich hab Mama versprochen kalte Wadenwickel zu machen. Versuch Nummer 4.

Jom tov!

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Besuch aus dem fernen Deutschland
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meiner Freundin Lara gefällt Israel wohl richtig gut.D
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Geburtstagsmenschen – Henriette
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Justine hübscht Yuvals „kuku“ (Zopf) auf
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unsere Crew zur Gay-Pride-Parade in Tel Aviv (von oben nach unten: meine Wenigkeit, Henriette, Wiebke, Maxime, Marie, Maggareta, Laura, Liam,)